Burn On Verbrenne dich nicht selbst

Neues Phänomen

Noch ist »Burn On« keine offizielle Störung, die in die diagnostischen Kataloge (ICD und DSM) aufgenommen wurde. Doch die Beschreibungen und Erläuterungen von Bert Te Wildt und Timo Schiele überzeugen mich, dass das Phänomen nicht nur existiert, sondern es auch sinnvoll ist, es als klinisch relevantes Problem zu betrachten.
Ob es sich als eigenständige Diagnose langfristig durchsetzen wird, bin ich mir nicht sicher. Ich könnte mir auf vorstellen, dass es tatsächlich eng mit dem Burn Out gekoppelt ist und die Phase vor dem Zusammenbruch beschreibt, auf die es sich lohnt, klinisch den Fokus zu legen, um den psychischen Zusammenbruch zu verhindern.

Was ist Burn On?

Für die eigenen Tätigkeiten, den Job und die Projekte zu brennen, gilt doch als positiv, oder nicht? Ja grundsätzlich schon. Aber wie so oft im Leben, ist ein zu viel schädlich für uns und brennen ist leider auch nahe am Verbrennen. Eine gesellschaftlich positive Konnotation des positiven Anteils macht ein Akzeptieren desselben, sobald es problematisch wird, schwierig.
Verkürzt würde ich ein Burn On so beschreiben: Wir begeistern uns und brennen für das was wir tun, sofern es die positive Phase je gab. Dann steigern wir uns rein, strengen uns an, bis wir an unsere Grenzen kommen. Dann geht es nur noch ums Funktionieren, weiter machen, so wie es eben geht. Dabei spielt der innere und vermeintliche äußere Druck eine Rolle. Es geht schließlich um die Existenz, den Lebensunterhalt, den wir uns mit unserem beruflichen Tun verdienen. Ein lebenswertes Leben wollen wir haben, dies zu erleben, gelingt im Burn On nicht mehr.

Burn On Bert te Wildt & Timo Schiele

Ein Risiko für mich?

Ja, einiges von dem im Buch beschrieben kommt mir bekannt vor. Ich kenne Phasen in meinem Leben, in denen es einfach nur darum ging, zu funktionieren. Die Anforderungen der verschiedenen Lebensbereiche erfüllen und so etwas wie einfach Leben zurückstellen.
Wenn ich auf mein aktuelles Tun schaue, würde ich sagen, ich habe mir sehr viel vorgenommen. Damit könnte ich mich verbrennen. Aber eines habe ich in den ersten Monaten meiner Selbstständigkeit gelernt: Meine Energie hat Grenzen und ich muss meine Akkus regelmäßig aufladen, nicht nur mit Schlafen, auch mit glücklichen Momenten.
Ich tracke meine tatsächliche Arbeitszeit, dabei bin ich strenger als in einem Bürojob. Denn ich logge mich nicht morgens ein, pausiere die Mittagspause und logge mich abends aus, wie es in den meisten Jobs mit Arbeitszeitkonto üblich ist. Ich tracke die tatsächliche Arbeitszeit, ohne Prokrastination zwischendurch. Ich mache viele kleine Pausen zwischendurch, das ist keine Arbeitszeit. Tatsächlich gibt es Tage, an denen komme ich auf zehn oder sogar elf Stunden, das ist möglich und es ist die Ausnahme.
Es gab eine Phase, da hatte ich vormittags eine Lehrveranstaltung, mittags mein Storytellings Weekly und abends eine weitere Lehrveranstaltung. Auf meine morgendliche Autorinnenzeit habe ich nicht verzichtet. An so einem Tag kommen sehr viele Stunden zusammen, auch wenn ich bewusst auf Auszeiten, fern vom Computer-Arbeitsplatz geachtet habe. Diese erforderten dann aber auch eine geringere Arbeitszeit am Folgetag.
Eine tatsächliche 40-Stunden-Arbeitswoche »echter Arbeitszeit« ist für mich auf diese Weise verdammt schwierig zu erreichen und auch nicht mein Ziel. Würde ich meine kleinen Auszeiten, die den Kaffeküchengesprächen im Büro entsprechen oder meine Hausarbeitszeiten, in denen mein Kopf kreativ weiter denkt, mitberechnen, käme ich auf andere Zeiten.
Ich tracke, weil es mich interessiert. Anfangs wollte ich auf ungefähr 40 Wochenstunden kommen, unbedingt. Ich wollte Vollzeit-Selbstständig sein. Es funktionierte nicht und ich wurde mir selbst gegenüber unfair. Auch mein Mann erklärte mir, dass mein Vorgehen nicht fair sei, ich tatsächlich zu streng tracke.
Als ich zum ersten Mal elf Stunden gearbeitet hatte, kamen mir zwei Gedanken: »Wow, ich kann das« und »Oh, das ist nicht gut, das darf nicht zur Regel werden«. Und das habe ich mir zu Herzen genommen.

Dem Burn On aktiv entgegen wirken

Ich gestalte jeden Tag um die Termine herum, lege mir die ToDo Liste zurecht, erledige die dringlichsten Sachen zuerst und schaue dann auf meine Energie und welche Aufgaben eventuell noch in den Tag passen.
Ich gehe gelassen und achtsam mit meinen Energien um. Was brauche ich, um die Aufgaben gut zu erfüllen? Sinnvolle Pausen und Abwechslung. Dazu gehören verschiedene individuelle Kleinigkeiten und ich lerne noch nicht aus, welche das sind.
Es geht nicht darum im Alltag zu funktionieren, sondern auch im Alltag zu leben. Hohe Ansprüche an mich selbst? Vielleicht, vielleicht ist auch das ein Burn On Risiko? Vielleicht ist es meine Lösung zu einem glücklichen Leben.

Und du?

Was brauchst du, um einen Burn On zu verhindern oder daraus heraus zu finden? Gerne sprechen wir in einem persönlichen Beratungstermin über deine Situation. Das Buch von Bert te Wildt und Timo Schiele kann dir ebenfalls eine inspirierende Lektüre sein.

Burn On – Immer kurz vor dem Burn Out
Bert te Wildt & Timo Schiele
Droemer, 2021
ISBN 978 3 426 27848 2

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