Wenn Depression eine tiefe Traurigkeit ist, ist es dann die Abwesenheit von Lebensfreude?

Und diese Lebensfreude wieder zu erlangen das Ziel?

Das ist mir zu simpel gedacht und doch ist etwas dran.

Ich glaube nämlich nicht, dass die Lebensfreude völlig verschwunden ist. Sie ist gerade weniger spürbar. 

Ein Tor im Felsen, natürlich geschaffen im Meer auf Teneriffa

Was ist Lebensfreude?

Lebensfreude ist für mich ein Gefühl von Lebendigkeit, zu spüren, da zu sein und genießen zu können.

Lebensfreude erlebe ich, wenn ich mit Menschen zusammen bin, die mir viel bedeuten. Bei einem guten Gespräch, einer gemeinsamen Unternehmung oder einfach im Zusammensein.

Lebensfreude erlebe ich, im Erleben von Neuem. Wenn ich mich ganz darauf einlasse, im Moment zu sein und wahrzunehmen, wo ich bin und was um mich herum ist. Ein ich bin hier Gefühl.

Lebensfreude erlebe ich beim freien herumalbern, wenn alle Zweifel und Begrenzungen losgelassen werden. Im einfach nur Sein und Tun.

Frau posiert lachend mit Mirkofon

Lebensfreude erlebe ich, wenn mir oder anderen etwas Gutes passiert, von außen oder auch wenn ich aktiv dazu beigetragen habe. Das Leben fühlt sich dann toll an. Ich freue mich über das Ereignis. Der Aspekt, dass ich oder jemand anderes etwas dafür getan hat, spielt noch einmal eine wichtige Rolle. Das nennt sich Selbstwirksamkeit. Ich war es, die dazu beigetragen hat, dass es dazu gekommen ist. Der Moment, wenn ich „Ende“ unter mein Manuskript schreibe ist ein sehr berührender, lebendiger.
Ähnlich ergeht es mir, wenn ich mich mitfreue. So habe ich neulich zum ersten mal eine Verleihung im Live-Stream angeschaut und mich mitgefreut, dass einem Restaurant ein Stern verliehen wurde. Ich weiß, durch persönliche Beziehungen, ohne je in diesem Restaurant gewesen zu sein, wie sehr sie darauf hingearbeitet haben. Und all diese Arbeit in die viel Herzblut geflossen ist, wurde nun gewürdigt und ich habe mich mitgefreut.

Lebensfreude ist für mich so vieles, dass ich die Frage hier nicht umfassend und lediglich persönlich beantworten kann.

Lebensfreude sind all diese großen und kleinen Momente. Alltagsfreuden greift für mich zu kurz, denn es ist für mich die Verbindung zum Leben. Ich freue mich hier zu sein, auf dieser Welt, mit den Menschen, die mich umgeben und den Möglichkeiten, die ich habe.

Und diese Lebensfreude ist nicht dauerhaft vollumfänglich präsent für mich. Aber sie ist da.

Und hier knüpft die Idee von Lebensfreude für mich an zwei Aspekten meiner Arbeit besonders an: Ressourcen und meinem Aufruf „Sei du selbst“, verbunden mit spüre dich selbst und nimm wahr, was da ist.

Ich bin überzeugt davon, dass Lebensfreude sich für jede*n anders anfühlt. Dies ist mein subjektives Verständnis von Lebensfreude, heute. Vielleicht würde ich die Frage in einem Jahr ganz anders beantworten …

Depression als Abwesenheit von Lebensfreude

Die Kernsymptome einer depressiven Episode sind

  • Gedrückte Stimmung
  • Interessenverlust oder Verlust der Freude an Aktivitäten
  • Gesteigerte Ermüdbarkeit und Antriebslosigkeit

Klingt wenig nach Lebensfreude, nach Freude am Leben, oder?

Wichtig ist mir zu betonen, dass Depression viel mehr ist, als mies drauf sein! Und die genannten, sind auch lediglich die Kernsymptome. Jede Depression verläuft individuell wieder unterschiedlich.

Menschen mit depressiven Symptomen wollen meiner Erfahrung nach, dass es wieder anders ist und sie Dinge tun können, die mal zu ihrem Alltag gehört haben. Es kostest sie unfassbar viel Kraft. Was so selbstverständlich erscheint, morgens aufstehen, ins Bad gehen und was sonst so zu deinem üblichen Morgen zählt, kann während einer depressiven Episode zu einem herausfordernden Programm werden. Sobald die Person fertig angezogen am Esstisch sitzt, ist sie erstmal von all dem erschöpft und der Tag fängt erst an. Das ist nur ein Beispiel und muss nicht für alle gelten.

Suizidalität

Depression kann mit Suizidgedanken einher gehen. Es kann auch zu Suizidgedanken ohne depressive Symptome kommen.

Des Lebens müde sein. Keinen anderen Ausweg mehr sehen, als dem eigenen Leben ein Ende zu setzen.

Wenn also die Lebensfreude wieder hergestellt werden könnte, dann würden auch die Suizidgedanken verschwinden, oder?

Falls du aktuell Suizidgedanken hast, nimm bitte Hilfe in Anspruch!
(Informationen der Deutschen Depressionshilfe). Bei akuten Suizidabsichten zögere bitte nicht für dich oder jemand anderen, den Notruf 112 zu wählen. Du kannst dich auch an deine hausärztliche Praxis wenden oder Krisenhotlines (z.B. Telefonseelsorge unter 116123) nutzen. Über 116 117 bekommst du Unterstützung bei der Suche nach einem Psychotherapieplatz. Bitte bleib nicht alleine mit den Gedanken! Dir kann geholfen werden und das Leben kann wieder lebenswert werden.

So simpel ist es nicht, denn

Sei doch wieder fröhlich!

Mach doch einfach!

Reiß dich doch mal zusammen!

Stell dich nicht so an!

Du hast doch alles!

Solche und viele andere Sätzen dürfen Menschen sich während einer depressiven Episode anhöhren. Kann doch nicht so schwierig sein, morgens aus dem Bett zu kommen, ins Bad zu gehen und sich anzuziehen, oder?

DOCH!

Kann doch nicht so schwierig sein, mal zu lachen.

DOCH!

Sammle doch einfach mal drei gute Dinge des Tages. Du muss sie nur wahrnehmen. Kann doch nicht …

DOCH!

Wiederherstellen der Lebensfreude bei Depression

Die Idee mit den 3 guten Dingen des Tages ist vom Ansatz her schon ganz gut. Denn ein Teil des Prozesses ist, wieder wahrzunehmen, was noch da ist, neben all den trüben Gedanken. Ohne Druck und in kleinen Schritten.

Es geht auch darum, wieder ins Gefühl zu kommen. Für viele ist Depression keine tiefe Traurigkeit, sondern eher eine Abwesenheit von starken Emotionen.

Auflösen von Verstrickungen, die es gerade unmöglich machen, einem lebensfrohen Alltag nachzugehen. Oft gibt es auch „gute Gründe“ für den aktuellen Zustand. Diese gilt es zu entdecken und hinterfragen. Was spricht dagegen, die Depression zu beenden?

Das negative Gedankenkarussell darf unterbrochen werden. Oft führen negative Gedankenspiralen tief in die Depressivität hinein. Den Weg hinaus zu finden, ist gar nicht so einfach.

Auf diesem Weg hinaus hilft das Aktivieren von Ressourcen, Menschen, Tätigkeiten, Erfahrungen aus früheren Krisensituationen. Mit dem Dungeon der Depression, habe ich mal darüber geschrieben, wie ein solcher Weg aussehen könnte.

Verborgene Energiereserven können entdeckt und angezapft werden.

Und ganz wichtig: Kleine Schritte gehen!

Jeder Schritt ist anstrengend und kostet Kraft. Denk daran, es kostet eh schon alles viel Kraft.

Und es lohnt sich! Es gibt einen Weg raus aus der Depression und die Lebensfreude zurück zu gewinnen ist ein Teil davon.

Diesen Weg zu gehen, mag einfach klingen. Das ist es nicht. Ich habe Menschen auf diesem Weg begleitet und es ist ein schöner Prozess, kein einfacher, eher ein langsamer, herausfordernder und einer auf dem es einiges zu entdecken gibt. Nach und nach gibt es kleine Lebensfreude-Momente, wie zarte Knospen im Frühling am Wegesrand nach einem harten Winter.

Wie steht es um deine Lebensfreude?

Spür mal in dich hinein. Wie fühlt sich Lebensfreude an?

In welchen Situationen, fällt es dir besonders leicht mit deiner Lebensfreude in Kontakt zu kommen?

Wenn du magst, sammle diese Momente, leg dir eine kleine Schatzkiste bereit und öffne sie, wenn es dir mal nicht so leicht fällt, mit deiner Lebensfreude in Kontakt zu kommen.

Und falls es dir gerade schwer fällt sie zu spüren, suche in deinen Erinnerungen.

Rhein mit bewölktem Himmel

Teil einer Lebensfreude Blogparade

Dieser Beitrag entstand im Rahmen der Blogparade „Lebensfreude“ von Lydia Gajewski und im Rahmen dieser Aktion findest du zahlreiche weitere Beiträge über Lebensfreude.

Lydia ist selbst Coach und Lebensfreude ist bei ihr ein zentrales Thema. Monatlich versendet sie einen „Lächel-Letter“. Schau dich gerne mal auf ihrem Blog um, vielleicht findest du dort wertvolle Inspiration für dich. Ich schätze Lydia sehr!

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