Ich liebe Geschichten, ob Bücher, Filme, Serien oder persönliche Geschichten. Bücher und Filme, bei denen ich weiß, dass sie tragisch enden, meide ich. Ich mag Happy Ends, auch wenn sie für mich nicht furchtbar kitschig sein müssen.
In meiner systemischen Beratung arbeite ich mit narrativen Methoden. Das bedeutet, ich arbeite mit den Erzählungen meiner Klient*innen. Wir gehen auf Schatzsuche nach wertvollen Ressourcen. Wir betrachten Erlebnisse und Situationen aus verschiedenen Perspektiven. Wir erzählen Geschichten neu.
Können solche Geschichten auch ein Happy End haben?
Nachdem ich mit einer Klientin* den Prozess zum besprochenen Auftrag abgeschlossen hatte, stand sie noch vor einer Herausforderung. Ich bat sie, mir zu schreiben, wie es gelaufen sei und das tat sie.
Ich habe die Mail dreimal gelesen, bevor ich geantwortet hatte. Mir kamen Tränen in die Augen, weil es ein so wunderschöner Moment war. Zu sagen, ihre Geschichte zu diesem Anliegen habe ein Happy End gehabt, erschien mir im ersten Moment so passend. Noch passender erscheint mir, dass es ein Happy Beginning ist.
Es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen den Geschichten in Büchern und denen im wahren Leben. Das Leben endet erst mit dem Tod, es geht weiter und wenn eine einzelne Episode im Leben ein Happy End hat, so ist dieses auch ein Happy Beginning für die nächste Lebensphase.
Das ist für mich ein wunderbares Bild, mit dem ich gut arbeiten kann und ich bin so dankbar, dass ich an diesem Happy Beginning teilhaben durfte.
Wegbegleiterin versus Autorin
Ein weiterer Unterschied zwischen meiner Arbeit als Autorin und systemischen Beraterin ist der Plot. Meinen Roman kann ich planen und das Ende mitdenken. Ihr habt sicher alle mal von Autor*innen gehört, die berichten, dass ihnen die Figuren auf der Nase herumtanzen und völlig andere Dinge tun. Ich kenne vieler solcher Erzählungen, so krass habe ich es selbst noch nicht erlebt.
In der Beratung ist das vollkommen anders. In jede einzelne Sitzung gehe ich offen herein und werde überrascht. Natürlich bereite ich mich vor, bereite den letzten Termin nach, überlege, was vielleicht wertvoll sein könnte und bereite auch hier und da mal eine Methode vor.
Selbst wenn der nächste Termin sehr zeitnah stattfindet, passiert in der Systemischen Beratung und Therapie das Eigentliche zwischen den Terminen. Ich kann also gar nicht wissen, wo mein*e Klient*in gerade steht, wenn ich sie oder ihn wieder sehe. Das macht diese Arbeit besonders spannend und schön.
Ich bin Wegbegleiterin nicht Autorin. Ich habe keine Kontrolle über meine Klient*innen, sie bestimmen ihr Leben selbst, entscheiden selbst und schauen mit mir gemeinsam auf schwierige Situationen.
Es gibt Momente im Leben, da können wir ein Happy End genießen, wenn etwas zu einem Abschluss kommt, ein Entscheidungsprozess, eine Aus- oder Weiterbildung …
Nicht jeder Abschluss oder Abschied ist wie ein Happy End. Wir können es zu einem Happy Beginning werden lassen, mit einer positiven Perspektive.
*Diese Zeilen werden in Rücksprache mit meiner Klientin veröffentlicht.