Matthias
„Ist es zu spät für einen Neuanfang?“
Matthias
Geschieden, zwei Teenie-Töchter, die er unregelmäßig sieht. Beruflich fühlt er sich ausgebrannt. Eine neue Beziehung weckt in ihm das Gefühl, dass es sich für ihn lohnen könnte, sich nochmal neu zu orientieren, aber er weiß nicht so recht wie er das anstellen soll.
Seit der Ausbildung sind Rainer und ich beste Freunde. Wir sind durch dick und dünn gegangen. Er war mein Trauzeuge, ist Patenonkel meiner ältesten Tochter und nach der Trennung von meiner Frau habe ich auf seinem Sofa gewohnt.
Das Beste und zugleich Anstrengende an Rainer ist, dass er mir nicht immer zustimmt, sondern mir auch klar sagt, wenn ich Scheiße baue.
Tja, auch wenn Rainer auf mich aufpasst, habe ich mein Leben ganz schön in die Krise geritten. Ein Jahr nach der Scheidung war ich nur noch mies drauf, okay, bin ich auch vorher schon irgendwie gewesen. Jedenfalls entschied Rainer, dass es an der Zeit für uns war, mal wieder was zusammen zu unternehmen. Früher haben wir große Wandertouren unternommen, wir lieben die Alpen. Er sah selbst ein, dass ich für die Alpen nicht fit genug war und buchte ein Wochenende in einem kleinen Dorf in einem deutschen Mittelgebirge. Ich ließ ihn machen, warum auch nicht.
Hätte ich auch nur im Ansatz geahnt, wie anstrengend diese Berge für mich, der ewig keinen Sport mehr trieb, wären, ich wäre nicht mitgefahren. Unerbittlich trieb Rainer mich durch die Natur und irgendwie war es auch wunderschön. Wunderschön war auch die Barfrau, bei der wir abends an der Theke saßen. Beatrix war ebenfalls geschieden, hatte zwei Kinder und im Gegensatz zu mir war sie ein Sonnenschein. Wir kamen am ersten Abend ins Gespräch, vertieften es beim zweiten und am Nachmittag vor der Abreise gab sie mir ihre Nummer, als ich mich von ihr verabschiedete. Ich schrieb ihr und wir blieben in Kontakt. Wieder war es Rainer, der mich drängte, sie anzurufen und nochmal hinzufahren. Völlig uneigennützig von ihm, ihm hatte das Wanderwochenende gefallen.
Das Wochenende ist nun anderthalb Jahre her und es hat sich eine zarte Beziehung zwischen uns aufgebaut. Besuche bei Beatrix taten mir gut, mal kam Rainer mit, mal nicht.
Neulich sagte er zu mir: »So kann es nicht weitergehen, Matthias. Du bist immer noch ständig mies drauf. Die Arbeit macht dich fertig und du änderst nichts.«
»Was soll ich denn ändern?«, habe ich ihm vorgeworfen.
»Das weiß ich doch nicht. Es ist dein Leben, das kann ich dir nicht vorschreiben.«
»Kannst du nicht?«
»Nein.« Er hatte lange geschwiegen, verdammt lange für Rainer. Nicht zum ersten Mal hatte er vorgeschlagen, ich solle eine Therapie machen. Das Thema hatten wir bereits einige Monate vor der Trennung, dann danach und zuletzt nach der Scheidung. Ich weiß, Rainer wollte, dass ich mein Leben auf die Reihe kriege, aber eine Therapie?
»Bloß weil ich mal schlechte Laune habe, bin ich doch nicht verrückt«, hatte ich mich versucht zu wehren.
»Erstens muss man nicht verrückt sein, um eine Therapie zu machen, zweitens hast du nicht mal schlechte Laune. Deine miese Stimmung ist ein Dauerzustand und das schon verflucht lange.«
Ich wollte ihn unterbrechen, aber er ließ mich nicht. »Du weißt genau, woran es liegt und was zum Scheitern deiner Ehe geführt hat. Bisher hast du nichts geändert und ich weiß auch nicht mehr, wie ich dir helfen soll. Pass auf, ich habe hier was für dich gefunden, keine Therapie, aber eine Psychologin. Sie bietet Onlineberatung an.«
»Ich will keine Psychologin. Ich kriege das alleine hin, habe ich immer.«
»Kriegst du nicht«, sagte Rainer ernst.
Es dauerte zwei Wochen, bis ich ihm Recht gab. Ich konnte nicht, es kam einem Eingeständnis meines Versagens gleich, das schmerzte. Doch Rainer hatte verflucht gute Argumente gehabt.
»Was wäre das Schlimmste, was passieren könnte, wenn du einen Beratungstermin wahrnimmst?«, fragte er mich an jenem Abend.
Darauf hatte ich keine Antwort.
Rainer schon: »Es könnte unangenehm werden, dich zu öffnen, ist nicht so dein Ding.«
Das stimmte.
»Wenn du es nicht tust, weißt du, was dann passiert? Irgendwann nimmst du deine miese Stimmung mit zu Beatrix und dann verlierst du sie irgendwann auch. Im Job wird es nicht besser werden, das sage ich dir seit Jahren …«
Das war das Letzte, was er an diesem Abend dazu sagte. Ich ging nach Hause. Wie so oft wollte ich seine Worte ignorieren, aber es gelang mir nicht. Er hatte verflucht nochmal Recht. Schon vor der Scheidung hatte ich ständig schlechte Laune gehabt, danach wurde es nicht besser, im Job schon gar nicht.
Ich schrieb eine Mail an Stephanie von SuiseiNo-Beratung. Was hatte ich zu verlieren? Beatrix! Und das wollte ich auf keinen Fall!
Es gab ein kurzes Telefonat mit Stephanie. Ich erzählte ihr, dass ich auf Empfehlung eines Freundes kam, der mir geraten hatte, wegen meiner ständig schlechten Laune Hilfe zu suchen. Wir vereinbarten einen zeitnahen Termin nach der Arbeit und Rainer ist wahnsinnig gespannt, was dabei raus kommt.
Ich bin es auch ein wenig.
Matthias ist eine fiktive Figur, er soll dir zeigen, wie eine systemische Beratung aussehen könnte.
Lies hier mehr über ihn und meine anderen Figuren.
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