Es war ein Erlebnis mit Amma Yeboah ins Gespräch über Rassimuskritik zu gehen. Auf dem Fachtag Zueversicht und Zumutung sprach Amma Yeboah mit uns. Gerne wäre ich auch zu ihr auf die Bühne gegangen, den passenden Moment zu erwischen war schwierig, andere waren darin besser und auch das ist gut so. Ich habe viel mitgenommen und möchte ein wenig davon in diesem Beitrag teilen.
Rassismus können wir alle sehr gut, das Phänomen ist wunderbar assoziationsfähig. Doch können wir unser Wissen auch kritisch betrachten und gleichzeitig miteinander im Dialog bleiben? Wie geht Rassismus, kritisch?
Zum Zwiegespräch ist eingeladen, wer der eigenen (Ohn)Macht mit Mut begegnen möchte. Wir explorieren gemeinsam, welche Kompetenzen zur Rassismuskritik erforderlich sind. Dabei stellen wir uns die Frage, was bedeutet Macht eigentlich, kritisch?
Es war eine wertvolle Erfahrung. Amma Yeboah hat uns viel Wertschätzung und Offenheit entgegengebracht. Ihren eigenen erlebten Schmerz können wir nur erahnen.
Leider ist bei Fotografieren etwas schief gelaufen und ich habe kein Bild von Amma Yeboah, lediglich die Aufnahme einer Folie.

Rahmung des Zwiegspräches
Wir befinden uns in einem Raum und die Wände begrenzen diesen. So ungefähr leitet Amma Yeboah unsere gemeinsame Zeit ein. Sie schafft einen sicheren Raum für ein schwieriges Thema, ein Gespräch, das geprägt ist von Ängsten, etwas falsches zu sagen oder zu verletzen. So empfinde ich es.
Neben der Rahmung des Raumes, in dem das Gespräch stattfindet, sagt sie, dass sie immer wieder ans Atmen erinnern wird. Dabei spricht sie mit einer angenehmen ruhigen Stimme. Ich fühle mich ernst genommen und direkt angesprochen, obwohl viele Menschen mit mir im Raum sind.
Wenn wir angespannt sind, vergessen wir manchmal zu atmen und immer wieder zwischendurch tun wir genau das. Wir atmen, weil Amma Yeboah uns daran erinnert. Es tut gut. Das mag beim Lesen albern klingen, weil ich es nicht so gut rüberbringen kann wie sie. Das war es keineswegs, sie hat eine wirklich gute Rahmung hinbekommen.
Dazu zählen auch die Werte, die sie als Basis definiert hat:
- Wir sind hier um zu Lernen
- Respekt
- Vertrauen
- Akzeptanz – wir streiten nicht mit der Realität
- Ermutigung
Wir konnten weitere Werte ergänzen, bevor es ins eigentliche Zwiegespräch ging.
Das Zwiegespräch
Auf der Bühne stehen zwei Stühle, einer für Amma Yeboah und einer für uns. Wir sind eingeladen, zu ihr zu kommen, uns auf diesen Stuhl zu setzen und miteinander zu sprechen. Irgendwann darf jemand anders kommen, sich dahinter stellen und dann den Platz einnehmen.
Die Gespräche selbst waren sehr persönlich, daher teile ich diese nicht. Stattdessen ein wenig aus meinen Notizen zu den Informationen, die Amma Yeoah hat einfließen lassen.
Rassen gibt es nicht, wir Menschen verhalten uns als gäbe es diese.
Es ist wichtig, dass wir bewusster Filter wahrnehmen. Jede Situation kann rassistisch sein.
Gerade da, wo alle weiß sind, findet struktureller Rassismus statt.
Rassismus findet statt, ob wir reagieren oder nicht. Wenn wir es nicht benennen, tun wir als wäre nichts passiert. Bennnen wir es, entsteht ein Konflikt. Es gibt 3 Rollen: Opfer, Täter und Beobachter.
In der Rolle des Beobachtenden liegt Macht. Diese Person kann schweigen oder kommentieren.
Das Rassismus-Drama
Opfer-Position: Die Person, die Rassimus wahrnimmt
Täter-Position: Diese Person wird zum Täter, weil jemand etwas sagt
Savior/ Retter: weiße Menschen wollen Savior sein.
Die Täter-Position erlebt Ohnmacht, möchte lieber Savior sein.
Es entsteht ein klassisches Drama-Dreieck, in dem alle miteinander konkurrieren.
Die Lösung liegt jenseits des Dreiecks. Amma Yeboah lädt uns ein, aus dem Dreick auszusteigen, weder in die Rolle von Opfer, Täter oder Savior zu gehen.
Stattdessen: In Kontakt bleiben.
Wenn wir Dreiecke erkennen, können wir atmen. Wo bin ich?
Es tauchen immer wieder Dreiecke auf und es gibt Raum zwischen Reiz und Reaktion, wenn wir atmen.
Und auch hier entsteht wieder eine Verbindung zur Keynote von Natalie Knapp. Wir alle können Einfluss nehmen, Leerstellen schaffen!
Handlungsmöglichkeiten sind immer gekoppelt an eigene Ressourcen.
Diese Worte richtet Amma Yeboah an menschen, die strukturelle Gewalt erfahren. Ob sie handelt, ist abhängig von ihrer Energie. Während sie vor uns steht, hat sie Macht als Expertin und kann mit uns über Rassismuskritik sprechen. Wenn sie alleine am Bahnhof ist, ist der Kontext ein anderer. Sie wird anders wahrgenommen und dann entscheidet sie bewusst, abhängig von ihren Ressourcen, wie sie reagiert, wenn sie Rassismus wahr nimmt.

Amma Yeboahs Kernbotschaft an uns
Die Folie präsentierte sie uns zum Abschluss. Ich nehme den Kontext Medizin/ Therapie mal raus, dann weitet sich die Perspektive:
Demut
Erkenne die Komplexität der strukturellen Einschränlungen, innerhalb derer wir Menschen miteinander interagieren.
Kritisches Denken
Erkenne wie „Struktur“ und „Kultur“ in Theorie, Forschung und Praxis gegenseitig miteinander verbunden sind, um Ungleichgewicht zu erzeugen.
Ehrgeiz
Erkenne, dass die intersektionale Praxis auf soziopolitische Ungerechtigkeit abzielt. Sprich daher strukturelle, kulturelle und zwischenmenschliche Ungleichheiten an. Erweitere individuelle Kompetenzen.
Mut
Experimentiere mit neuartigen Methoden, um einen gleichberechtigten Zugang zu *füge hier deinen eigenen Arbeitskontext ein* zu implementieren.
Was ich für mich mitnehme
Sehr viel! Vor allem nochmal die bewusste Erfahrung, wie viele Stereotype fest in uns verankert sind.
Wir können dem nur aktiv begegnen und so sehr ich das „müssen“ auch ablehne, finde ich, dass wir uns dem Thema Rassismuskritik stellen müssen.
Gerade in der heutigen Zeit, wo Rassismus scheinbar wieder normalisiert wird.
Es war für mich die perfekte Fortführung des Panels zu Diversity.
Kontext: Fachtag „Zuversicht und Zumutung“
Am 14. Juni fand der Fachtag anlässlich des 50. Geburtstages des IF Weinheim statt, dem ersten deutschen systemischen Ausbildungsinstitut.
Über die Veranstaltung habe ich in meinem anderen Blog geschrieben.
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