Sandra
„Jetzt bin ich dran!?“
Sandra
Verheiratet, Mutter von zwei Kindern, steht vor einer neuen Jobchance. Die letzte Zeit war geprägt von privaten Herausforderungen, Schwierigkeiten in der Beziehung. Eine Stimme in ihr wird immer lauter: Jetzt will ich mich auch mal um mich kümmern.
Du kennst Sandra noch nicht? Sie ist eine fiktive Figur. Lies hier die erste Etappe ihrer Kometenreise.
Aus meinem Dilemma Job oder Familie wollte Stephanie ein Tetralemma machen. »Wir sehen oft nur zwei Möglichkeiten, aber da sind meistens mehr.«
Es sei eine Übung im Raum, die wir in zwei Varianten durchführen könnten. Eine Möglichkeit war, dass ich mich in meinem Zimmer bewege. Platz hatte ich und so probierten wir es aus, wie weit ich mich im Raum bewegen durfte und Stephanie mich noch hören und sehen konnte. Es klappte und dank meiner Bluetooth-Kopfhörer konnte ich Stephanie jederzeit gut verstehen. Alternativ hätten wir die Methode auch im virtuellen Raum durchführen und unsere Kamerabilder auf dem Hintergrundbild an verschiedenen Stellen positionieren können.
Das Eine
Als Erstes sollte ich mir einen Platz aussuchen, der dafür stand, das alles so bleibt, wie es ist. Wie fühlte sich das an, wollte Stephanie wissen. »Furchtbar, ich möchte mich gerne hier wegbewegen.« Der starke Wunsch nach Veränderung, der mich in diese Beratungssituation gebracht hatte, war körperlich spürbar. Stephanie bat mich, den Moment kurz auszuhalten und genau in mich hinein zu spüren.
Oder das Andere
Dann bat sie mich an eine andere Stelle im Raum zu gehen, die dafür stand, dass ich das Jobangebot annahm.
»Ich spüre Angst, aber auch Hoffnung. Ich bin zerrissen, zwischen, ich will das und habe ein schlechtes Gewissen.«
Wieder lenkte Stephanie meine Aufmerksamkeit auf meinen Körper. Auch hier spürte ich einen starken Drang, wegzulaufen, in zwei Richtungen, was unmöglich war.
»Beides fühlt sich für dich nicht so gut an, oder?«
Traurig schüttelte ich den Kopf. »Das ist ja das Dilemma.«
Keins von Beidem
»Gut, dass wir jetzt ein Tetralemma ausprobieren. Suche dir mal eine dritte Stelle im Raum und gib ihm die Bedeutung: Keins von beidem.«
Ich lachte. »Was könnte das sein?«
»Mit genau der Frage stellst du dich mal an den neuen Punkt. Was könnte dieses keins von beidem sein.«
»Urlaub«, kam mir spontan in den Sinn, als ich auf meiner Position stand.
»Einen Familienurlaub oder eine Auszeit für dich?«
»Nein, eine Woche, ich ganz alleine.« Stephanie ließ sich von mir den Ort schildern, an den ich fahren und wie ich mich dort fühlen würde. Ein schlechtes Gewissen meldet sich diesmal nicht sofort, es ging ja nur um eine Woche.
»Ist das für dich utopisch?«, fragte Stephanie.
»Unfair wäre das. Meine Familie hat auch Urlaub verdient. Unmöglich ist es nicht. Es bräuchte etwas Vorbereitung, dann wäre das machbar. Ich bin nicht sicher, ob es das ist, was ich will. Ein Familienurlaub täte uns allen gut und vielleicht ist das auch in den nächsten Ferien möglich.«
Beides
Stephanie gab mir einen Moment für meine Gedanken, dann ging es zum vierten Punkt meines Tetralemmas. Stephanie nannte diesen »Beides«.
Wieder war mein erster hilfloser Gedanke, was könnte das sein. »Familie und Job«, sagte ich schließlich. »Im Grunde habe ich ja Familie und Job auch jetzt. Kann ich für meine Familie da sein und das Angebot annehmen?«
»Was brauchst du von deinem Arbeitgeber, um das Angebot annehmen zu können?«
»Dreißig, statt vierzig Stunden. Jetzt habe ich zwanzig, etwas mehr ginge bei der aktuellen Betreuungssituation der Kinder, aber Vollzeit stellt mich vor viele Probleme. Sarah ist noch zu klein, um alleine zu bleiben, und auch für Lukas ist es schwierig, wenn ich nicht da bin.«
»Dreißig Stunden wären machbar?«, hakte Stephanie nach.
»Ja, auf jeden Fall. Ob ich dann auch zum Bogenschießen kann, weiß ich nicht.«
»Liegt das während deiner Arbeitszeit?«
»Nein abends, eigentlich hat das miteinander gar nichts zu tun. Um Bogenschießen zu gehen, müsste ich mich nur mit Simon absprechen. Vielleicht könnte das meine persönliche Auszeit werden, nach der ich mich so sehne. Simon ist aber aktuell auch sehr belastet, da will ich ihm nicht noch mehr zumuten.«
Stephanie kommentierte meine Überlegungen nicht, ließ mich einfach reden. Als ich eine Weile nichts mehr gesagt hatte, kam sie nochmal auf den Job zurück: »Hast du mit deinem Chef über die Stundenzahl gesprochen?«
Nein, das hatte ich nicht. Warum, fragte ich mich selbst überrascht. Das wusste ich nicht. Ob es realistisch sei? Schwierig für mich einzuschätzen, aber es anzusprechen, war es auf jeden Fall wert.
Blick von Außen
Stephanie fragt mich, ob ich mich noch einmal auf einen der anderen Punkte stellen wollte. Dann bat sie mich zum Abschluss, noch einen letzten Punkt im Raum zu wählen. Ich stellte mich direkt vor mein Notebook, neben meinen Stuhl und drehte Stephanie dabei den Rücken zu. »Jetzt schau dir deine vier Punkte an, was siehst du? Wo hast du dich am wohlsten gefühlt?«
Ich möchte beides haben. Tatsächlich habe ich nicht zu hoffen gewagt, dass es möglich ist. Es wäre toll, wenn es mit weniger Stunden klappen würde. Vielleicht spreche ich auch mit Simon über das Bogenschießen und darüber, dass wir den Familienurlaub buchen. Das würde uns wirklich allen gut tun, einfach mal weg von all den Problemen und mehr schöne Zeit miteinander verbringen.
Stephanie gab mir noch einen Rat, eine Ausnahme, wie sie sagte. Ich solle Simon nicht gleich mit meiner Liste an Ideen überfallen. Ich würde mir Zeit für das Gespräch mit meinem Mann nehmen. Mit meinem Chef konnte ich direkt morgen sprechen. Bogenschießen und Urlaub haben Zeit bis zum Wochenende.
Sandra ist eine fiktive Figur, sie soll dir zeigen, wie eine systemische Beratung aussehen könnte.
Lies hier mehr über sie und meine anderen Figuren.
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