Die letzten Wochen waren anstrengend. Ein Missverständnis hatte dazu geführt, dass ich zu viele Lehraufträge gleichzeitig hatte. In den letzten drei Wochen waren es vier Kurse pro Woche. Da dies nicht meine Haupttätigkeit sein soll, war es zu viel. Auch die Wochen davor waren anstrengend, denn es handelt sich um drei verschiedene Module und die wollten vorbereitet werden.
Ein Stressfaktor dabei war für mich, dass es sich falsch anfühlte, den Fokus so stark auf die Lehre zu legen, während viele Themen rund um dieses Beratungsangebot warten mussten.
Für etwas anderes blieb ebenfalls keine Zeit oder vielmehr keine Energie und das war das Lesen. Und das tat mir gar nicht gut.
Am Samstag habe ich gemerkt, wie sehr ich mich auf die nächste Woche freue, weil da der Fokus wieder genau da liegen würde, wo er für mich hingehört. Tatsächlich bin ich gedanklich in die Falle getappt, was ich dann alles machen könnte. Stopp! Nicht erneut zu viel auf einmal erledigen wollen. Es muss genügend Zeit bleiben, um wieder in Balance zu kommen. Dazu gehört für mich auch wieder Lesezeit zu genießen.
Den ersten Entwurf dieses Beitrages schriebe ich am Sonntag Morgen. Nachdem die ersten Gedanken ihren Platz gefunden haben, schließe ich diesesn Entwurf mit genau diesen Zeilen und mache es mir mit einem Buch gemütlich. Schließlich ist ja Sonntag, alles andere kann warten und so freue ich mich auf die kommende Woche mit schönen Aufgaben.
Und den Beginn der Woche habe ich sehr genossen, war ausgeglichener und es ging mir gut.
Es geht nichts einfach nur ums Lesen
Vielleicht liest du nicht gerne, das ist okay. Vielleicht kennst du aber dieses Gefühl, keine Energie für ein Hobby zu haben, dass dir viel bedeutet und guttut.
Funktionieren
Wenn der Stress zu groß wird, rutschen wir in einen Modus, in dem wir einfach funktionieren. Was erledigt werden muss, wird erledigt. Für Schönes bleibt keine Zeit, eher zum Abschalten passiv berieseln lassen
Das war bei mir in den letzten drei Wochen zum Glück noch nicht so extrem. Ich konnte ausreichend Pausen einbauen, um abzuschalten. Dennoch kenne ich diesen Modus selbst gut. Die stressige Phase entstand aus einem Missverständnis heraus und ich werde sehr darauf achten, dass das nicht erneut passieren wird.
Ein Warnsignal
Wenn keine Zeit oder Energie mehr da ist für das, was dir wichtig ist und gut tut, läuft etwas nicht gut.
Ist es ein begrenzter Zeitraum, wie diese drei anstrengenden Wochen, auf die ich mich vorbereitet hatte, kann das eventuell in Kauf genommen werden. Über einen unbestimmten Zeitraum kann es kritisch werden. Kritisch für deine mentale Gesundheit.
Dann empfehle ich dringend die Stopptaste zu drücken und mal genauer hinzuschauen.
Welche Faktoren tragen dazu bei, dass es gerade so läuft?
Wie bist du in das reine Funktionieren gerutscht?
Nutze es als Warnsignal, wenn dir dir Zeit oder Energie für die Dinge fehlt, die dir wichtig sind!
Nimmst du dir noch Zeit für deine Hobbys und Interessen? Ist es möglicherweise weniger geworden?
Nimmst du dir noch Zeit für Freunde und Familie? Ist es möglicherweise weniger geworden?
Nimmst du dir Zeit für dich selbst? Einfach mal nichts tun, entspannen, wie auch immer das für dich aussieht? Ist es möglicherweise weniger geworden?
Je klarer dein „Nein“ auf die Frage, ob du dir noch Zeit nimmst oder auch dein „Ja“, auf die Frage nach dem möglicherweise weniger geworden, desto größer ist dein Warnsignal, dass etwas gerade nicht gut für dich läuft.
STOPP
Auswege finden
Welche Möglichkeiten gibt es, etwas zu ändern?
Im ersten Moment fühlt es sich wahrscheinlich so an, dass es die nicht gibt. Als hättest du keine andere Wahl.
„Ich muss doch dies oder jenes!“, möchtest du mir vielleicht gerade erwidern.
Was steckt hinter deinem Gefühl, all das tun zu müssen?
Musst du wirklich alle diese Aufgaben erledigen?
Bist du die Person, die all diese Aufgaben erledigen muss?
Wer könnte einen Teil dieser Aufgaben übernehmen?
Andere Menschen können wir nicht ändern, wir können höchstens unsere Wünsche aussprechen oder sie um Unterstützung bitten. Insbesondere Menschen, die genau darum wissen, dass wir bei uns selbst anfangen müssen, neigen dazu, genau das zu tun und zu versuchen, alles selbst zu lösen.
Sprich darüber, wie es dir geht und du wirst sehen, es gibt Menschen, die dich gerne unterstützen oder einfach für dich da sind. Auch das kann unfassbar guttun, sich verstanden zu fühlen, nicht allein mit allem zu sein.
Manchmal gelingt es mit gravierenden Schritten etwas zu ändern, indem wir zum Beispiel den stressigen Job kündigen. Das ist meist nicht so einfach möglich, dazu braucht es erst einen neuen, dazu die Zeit und Energie, diesen zu finden. Schnell sind wir in einem Kreislauf der Ausweglosigkeit.
Brich aus deinem Kreislauf aus. Ich weiß, dass es nicht einfach ist, aber auch nicht unmöglich. Mal ihn dir auf und finde an jeder einzelnen Stelle, einen Punkt. Im Beispiel braucht es einen neuen Job. Wann am Tag findest du ein kleines Zeitfenster, vielleicht auch nur zehn Minuten, um die aktuellen Stellenazeigen zu prüfen? Damit findest du einen Anfang, einen ersten Schritt hin zu einer Veränderung. Vielleicht ergeben sich auch Veränderungsmöglichkeiten im Job. Mit wem könntest du darüber sprechen? Was kannst du selbst ändern? Wann könntest du mal „Nein“ sagen?
Du brauchst mehr Zeit und Energie?
Schau mal genau hin, womit du deine Zeit verbringst. Welche dieser Tätigkeiten sind wenig förerlich dafür, dass es dir gut geht und tragen nicht dazu bei, dass der Stress weniger wird? Kannst du diese streichen und durch für dich nützlichere Tätigkeiten ersetzen? Es geht hierbei nicht daraum, deine Leistung zu optimieren! Es geht darum, dass es dir besser geht und du aus dem Funktionieren heraus kommst.
Wenn du einen Blick darauf wirst, was du den ganzen Tag tust, entsteht vielleicht ein neues Bild in deinem Kopf. Du machst unglaublich viel, du schaffst mehr, als für einen Tag nötig ist? Geh ruhig in eine neue Bewertung, deiner Tage, deines Tuns. Sei in diesem Umdenken liebevoll mit dir selbst, lobe dich für das, was du gut machst und sei gnädig mit dir, wenn du vermeindlich sinnloses tust.
Du hast Strategien gefunden mit all den Herausforderungen klar zu kommen. Du darfst diese Strategien hinterfragen und nützlichere finden. Bitte verurteile dich nicht dafür, denn es ist auch eine Stärle, solche Strategien zu finden, ohne darauf viel Energie aufzuwenden, etwas zu finden, dass dir einigermaßen ermöglicht abzuschalten.
Ausgleich schaffen
Hierzu habe ich neulich einen inspiirerenden Podcast von Volker Busch gehört: „Gehirn Gehört Folge 30„. Um in Balance zu bleiben spielt er mit dem Bild der Wippe. Seine Empfehlung lautet zum Ausgleich etwas völlig anderes zu tun. Wenn du also hauptsächlich während der Arbeit sitzt, komm in der Pause in Bewegung, machst du langweilige Tätigkeiten, tu etwas, was deinen Kopf arbeiten lässt. Wenn ich also während der Lehrveranstaltungen viel rede, sollte ich in der Pause nicht unbedingt telefonieren, sondern die Klappe halten. Am besten wäre für mich ein kleiner Spaziergang gewesen, das wusste ich, habe ich trotzdem nicht getan. Das Beste zu tun, gelingt nicht immer. Je besser es etabliert ist, desto geringer sind die Hindernisse, die aus uns selbst kommen.
Hier finden wir auch einen Hinweis darauf, warum das entspannte Lesen für mich über einen längeren Zeitraum nicht mehr der ideale Ausgleich war. Wenn ich auf den Zeitraum der letzten Monate zurückblicke, habe ich sehr viel Fachliteratur gelesen und kaum noch Romane … Es war schlicht zu ähnlich.
Finde für dich heraus, was dir einen guten Ausgleich schafft und bau es schrittweise in deinen Alltag ein, bis es für dich ganz selbstverständlich wird, dir etwas Gutes zu tun.
Funktionieren führt in Richtung BurnOn oder Burnout
Wir können über einen begrenzten Zeitraum funktionieren. Wenn eine Deadline ansteht, oder gerade viele Aufträge anliegen, gibt es eine etwas stressigere Phase. Genau das habe ich ja gerade hinter mir. Wichtig ist, dass es ein klares Ende dieser Phase gibt. Entscheident ist auch, wie wir mit dem „danach“ umgehen. Ich bin mit Vorfreude in diese Woche gestartet und habe es sehr genossen, wieder etwas flexibler zu arbeiten, habe Kontraste geschaffen und auf den Ausgleich geachtet. Die Versuchung war da, die Tage erneut mit anderen Dingen vollzustopfen. Das hätte mir nicht gut getan und so ist es mir gelungen, abends noch Energie zum Lesen zu haben. Danach konnte ich besser schlafen.
Fehlt das, besteht das Risiko in einen BurnOn oder Burnout zu rutschen. Ein Dauerhaftes Funktionieren oder gar Ausbrennen und Zusammenbrechen. Dafür ist dein Leben zu wertvoll, lebe es! Du bist wertvoll! Über das Phänomen BurnOn habe ich bereits geschrieben.
Finde deine Stopp-Taste
Nimm dir die Zeit und schau hin, wie es dir gerade geht. Was läuft nicht gut, wo kannst du in kleinen Schritten etwas daran ändern?
Falls es dir alleine schwer fällt, Möglichkeiten für Veränderungen zu finden, können wir auch gerne in einem gemeinsamen Gespräch auf deine Situation schauen. Mit neuer Perspektive finden sich neue Möglichkeiten. Das Gespräch findet online statt und du sparst dir die Anfahrt. Finde ein Zeitfenster von zwei Stunden und schreib mir eine E-Mail, wann das sein könnte. Sei es dir wert, dir diese Zeit zu nehmen.
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Ich glaube, das Wichtigste daran ist, ehrlich zu sich selbst zu sein. Dass etwas nicht stimmt, wissen wir ja – eigentlich. Dann aber erzählen wir uns Geschichten, dass es ja nur vorübergehend ist und eigentlich ja auch nicht schlimm. Und je länger diese Phase dann dauert, umso schwieriger wird es, daraus auszubrechen. Vielleicht hat man sich lange nicht bei seinen Freunden gemeldet und hat jetzt ein schlechtes Gewissen. Oder man hat – wie in deinem Beispiel – einfach lange nicht mehr in Ruhe gelesen. Dann wird das Anfangen umso schwerer und zusätzlich ist es noch hart, den Raum dafür zu finden (also ihn zu schaffen). Radikale Ehrlichkeit mit sich selbst kann helfen. Danke für den Beitrag, er erinnert mich wieder daran, genau hinzuschauen.
Liebe Anna, danke dir für deine Gedanken. Es ist unheimlich wichtig, ehrlich zu uns zu sein. Gleichzeitig ist es oft sehr schwierig, manchmal ist es leichter, sich Geschichten zu erzählen, wie du schreibst und sich vor sich selbst zu rechtfertigen. Darin war ich mal richtig gut, hat mir allerdings nicht wirklich gut getan. Inzwischen achte ich auf solch kleine Signale, wie die Tatsache, dass ich nicht zum Lesen komme. Danke dir auch für die Erinnerung an diesen Beitrag. Seitdem habe ich mehrere Bücher beendet …